• von FakeBrodt



    Leisen Schrittes huschte eine Gestalt durch die Tiefen des Gebäudes; Tür um Tür, Raum für Raum durchkämmte er, auf der Suche nach einem Lebenszeichen. Ein Flüstern kam über seine Lippen, zu still jedoch um wahrgenommen zu werden. Erneut, mit mehr Kraft in der Stimme, ertönte dieselbe Frage in die Weiten der Halle:



    "Wer beherbergt noch diese Räume? Ist denn Niemand mehr hier aufzufinden?"



    Traurigen Gemütes senkte die Gestalt ihren Kopf, Kummer machte sich auf seinem Gesicht breit. Zu lange ist sein letzter Aufenthalt innerhalb dieser Mauern her, zu viele Gesichter, die niemals an diesen Ort zurückkehren würden. Ein Aufschrei seinerseits versetzte die Wände in Schwingungen, während die Worte von ihnen wiederhallten:



    "Gibt es hier noch einen Schreiber oder einen Leser, so antworte er mir bitte!"



    Mit diesem Aufruf senkte die Gestalt abermals ihren Kopf und blickte zum Boden. Schweren Herzens lehnte sie sich an eine Säule und wartete; auf eine Antwort, ein Beitrag, ein Lebenszeichen derer, die diesen Ort ihr Zuhause nannten.

  • von Underworld78



    Am frühen Morgen staunte die Wächterin, die monatelang täglich die heiligen Hallen besucht hatte, über einen neuen Gast, der in der tiefen, dunklen Nacht Zuflucht in den alten Mauern gesucht hatte.


    So wurde ersteinmal ein Feuer im Kamin der alten Empfangshalle entfacht, denn der November war bereits kalt und ungemütlich und ließ einen strengen baldigen Wintereinbruch erahnen.
    Die Wächterin entzündete die Kerzen und sprach: "Nun sollen die guten, alten Zeiten wiederkehren, mit neuen Gesichtern und deren Geschichten, die sie da aus der Welt mitbringen wollen."


    Weiter mit fester Stimme und Begeisterung im Raum: " Und nun tretet ein und erweckt jeden einzelnen Raum zu neuem Leben!"


    Und die Wächterin lächelte und dachte: "Wenn man nur lange genug wartet, ändert sich alles!"

  • von FakeBrodt



    Langsam erhob die Gestalt seinen Kopf, hin zu der Stimme, die er vernahm. Seine Augen, die durch die späte Ankunft und den anschließenden Schlaf trüb und verschwommen sahen, erkannten bereits erste Umrisse einer Person aus der Richtung der Geräusche, doch erst als diese sich näherte, verfestigten sich die Umrisse und formten sich zu einer klaren Silhouette, die, wie er noch erfahren würde, zu der selbsternannten Wächterin der Bibliothek gehörten.



    "O welch eine Freude! Mein Herz schlägt mir mit solcher Kraft, dass ich befürchte, es könne sogleich zerbrechen! Wenn es auch nur eine weitere Gestalt ist, so ist dies bei weitem genug, um in diesen Hallen erneut die Flammen auflodern zu lassen.
    Doch lasst es mich gesagt haben; die Freude in mir quillt über und mein Autorenfeuer ist von neuem entfacht - zum Ruhme aller derer, die hier waren, die hier sind und die es noch sein werden: Ich werde alles in meiner Macht stehende unternehmen, um diesem Ort zu neuem Glanz zu verschaffen."



    Noch während diese Worte seinem Munde entwichen, spürte er die Erregung durch seinen gesamten Körper fließen. Seine Hände zitterten vor Aufregung und auch seine Beine wurden schwach - diese Sensation war eine Sensation die er nur einmal zuvor verspürte, zu eben jenem Zeitpunkt, an dem er sich schon einmal in diesen Hallen als Autor unter Beweis stellte.
    Jahre sind vergangen, doch, mit einem Nicken das der Wächterin galt, hoffte er darauf, diesen Ort schon sehr bald wieder mit Leben erfüllt zu sehen.

  • von Underworld78



    Die Wächterin war zufrieden und begrüsste den neuen Autoren herzlich, auch wenn dieser noch etwas verwirrt schien. Scheinbar hatte er keine
    Gesellschaft hier erwartet und so brachte sie ihn erstmal zum langen Flur mit den Zimmern für die Schreiberlinge.



    Mit einem Glitzern in den Augen öffnete sie ihm das erste Zimmer, in dem bereits ein Stapel Papier, Tinte und Schreibfeder auf einem schweren,
    hölzernen Schreibtisch lagen.



    "Ich habe lange gewartet, aber ich wusste immer es wird der Eine, der Erste in einer weiteren Epoche Schreiberlinge irgendwann hier vor den
    schweren Eingangstoren stehen. Für diesen Zeitpunkt habe ich dieses Zimmer hier lebendig gehalten. Lass Dich nieder, komme hier an und dann erwarte ich Dich unten in der Halle."



    Die Wächterin war nun nicht mehr so gefasst und schaute dem neuen Autor tief in die Augen: "Verzeihe bitte meine Unhöflichkeit, aber ich habe
    mich noch garnicht vorgestellt. Zu lang war ich jeden Tag alleine hier in den alten Mauern mit den vielen Geschichten.
    Lass und gleich bei einer warmen Mahlzeit, dem knisternden Kaminfeuer und einem guten Wein beisammen sein und dann erzähle mir, wie es Dir in der Zwischenzeit ergangen ist. Ich habe soviele Fragen!"



    Sie drehte sich schnell herum und eilte die Treppen hinab, es gab noch soviel zu tun und die Freudentränen sollten noch unbemerkt bleiben.

  • von FakeBrodt



    "Mein Dank gebührt euch für die Mahlzeit und den Plausch, doch gehört es sich nicht, bei aller Gastfreundschaft seine eigenen Manieren außer Acht zu lassen.
    Ihr müsst wissen, dass dieser Ort mir keineswegs neu erscheint, nur äußerst fremd. Zu weitaus glorreicheren Zeiten die dieser Halle widerfahren sind, war auch ich als junger Schreiberling dieserorts aufzufinden. Doch ward mein Name noch ein anderer. Manch einer kennt mich noch unter dem Synonym des BoahEy oder gar des You-Suck.



    Ich schrieb zur Zeiten der Legenden, wenn auch gleich nicht alle von Ihnen mehr aktiv waren. Und so kam es das auch ich nach einer Zeit eifrigen Schaffens und angenehmer Gesellschaft meiner Mitautoren traurigen Gemüts meinen Abschied nahm. Doch schwor ich damals, sollte diese Halle je wieder wanken, sollten die Besucher wie auch die Autoren die Hallen je wieder meiden, so wolle ich zurückkehren um diesem Gebäude, so alt und bedrückend es auch scheinen mag, die Ehre zu erweisen, die ihm gebührt.



    Und hier stehe ich nun, auf ein neues und bringe mit mir Erfahrung und Erlebnisse. In meinem Inneren herrscht ein Verlangen danach, diesem Ort wieder den Glanz und die Glorie zurückzubringen, den er einst versprühte. Und zu eben jenem Zweck werde auch ich erneut die Feder des Schreiberlinges anpacken und ich hoffe, so auch ihr, die ihr diese meine Worte liest."



    Sein Wort war gefallen und seine Entscheidung stand fest. Hierhin haben ihn seine Beine getragen um dem Ort, der in seinem Herzen noch immer die Ehrfurcht von längst vergangenen Zeiten ausstrahlte, wieder zu neuem Leben zu verhelfen.

  • von zardozz


    Der Wanderer
    .

    Es war eine lange zeit ins land gegangen – als ein wanderer auf seinen wegen just zu der schmiedeeisernen pforte kam. die alten schriften erzählten, dass sich dahinter die grosse halle mit den zahllosen zimmern befand und sie erzählten ebenso auf ihren seiten davon, dass viele schreiber und autoren dort quartier bezogen hatten und ein zimmer bewohnten, um die alten gemäuer mit leben zu füllen - jedoch zogen sie bald unverrichteter dinge wieder von dannen. den wanderer wunderte es, warum die schreiber diesen stillen ort, fernab vom lauten getöse der stadt, verlassen hatten und nicht mehr zurückkehrten.

    denn dort - in der grossen stadt am fuß der garan-berge beging man um diese jahreszeit das jul-fest. in allen gassen, strassen und plätzen herrschte emsiges und geschäftiges treiben um die zeremonien und rituale dieses festes. in den fenstern leuchteten kerzen und mit wohlfeilem glitzer, den ebenso geschäftige händler aus einem fremden land mitgebracht hatten, schmückten die menschen ihre häuser und stuben - die wende der wintersonne war vorüber und jung und alt freute sich, dass die nächte nun wieder kürzer wurden.

    den wanderer aber zog es hinaus aus den mauern der stadt, er atmete die nacht mit ihren erdigen gerüchen, dem hellen sternenglanz und der abnehmenden sichel des mondes - die nacht mit ihrem schwerelosen dunklen mantel hüllte ihn ein. so ging er, eine alte melodie summend, ohne ziel vor sich hin – ein aufgeschrecktes käuzchen rief schläfrig, der wind rauschte leise in den alten, knarrenden bäumen – und eh er sichs versah, stand er vor der grossen schmiedeeisernen pforte. das gemäuer, welches die pforte umgab, ragte hoch in den klaren nachthimmel - ein ring aus bronze war an der tür befestigt und lud zum anklopfen ein -

    in den alten schriften war auch die kunde, daß in den hohen mauern eine wächterin von zeit zu zeit verweilte. sie schaute manchmal in der grossen halle nach dem rechten, wenn die schreiber ohne gruss den ort verlassen hatten. Manchmal, so hieß es, sah man hoch oben ein erleuchtetes fenster, hinter dem sich ihr schatten bewegte. der wanderer schaute suchend die mauern empor jedoch der am himmel stehende mond schien nur auf ein schwarzes geviert - kein lichtschein war zu sehen.

    'ob die wächterin wohl noch die räume aufsucht oder hat auch sie diesen ort verlassen' fragte sich der wanderer und dachte dabei an die alten schriften. 'vielleicht begeht sie auch das jul-fest' kam ihm ein anderer gedanke - 'oder sie ist schon zu bett gegangen' überlegte er weiter, denn es war spät geworden, bis er zu dem grossen gebäude gekommen war.

    so stand er vor der schmiedeeisernen pforte und die gedanken schwirrten ihm durch die sinne. Er starrte auf den schweren ring aus bronze - schließlich ergriff er den ring und klopfte dreimal an die tür – dumpf hallten die schläge durch die dahinterliegende halle - er wartete.. die zeit verging wie zäher honig, der in ein glas tropft - dem wanderer erschien es die ewigkeit.

    aber es blieb still in den gemäuern und aus dem fenster der wächterin fiel kein lichtschein.. er wollte sich schon auf den rückweg begeben, da fiel ihm eine zeile aus der alten melodie ein, die er seit seinem aufbruch aus der stadt gesummt hatte –
    ..versuchen wir es wieder, solang man träume noch leben kann..

    bong - bong - bong..
    .

    god jul 2013

  • von Underworld78



    Die Wächterin war ausgezogen das Weihnachtsfest zu feiern, um wenigstens für einige Tage der Einsamkeit in den alten Mauern mit den vielen
    Schriften entgehen zu können.
    Nun nach diesen Festtagen wusste sie wieder die Stille zu schätzen und widmete sich wieder den alten Schriften und Büchern.



    In Gedanken versunken, die bereits dem bevorstehenden, neuem Jahr galten, vergaß die Wächterin oft die Zeit, die unaufhaltsam verstrich.
    Manchmal war sie vom Studium so müde, das sie am alten, massiven Eichentisch einschlief, die Kerze darauf runterbrannte und schließlich erlosch.



    Die Träume beherrschten dann die Dunkelheit.
    Träume von einer anderen Zeit, einer anderen Welt und flüsternde Stimmen, die sagten:"Nimm Dir Zeit zum träumen, denn das ist der Weg zu
    den Sternen!"
    Dann folgten schwarze Schatten vor dem glitzernden Sternenhimmel, die fordernd sprachen: "Höre nicht auf die Vernunft, wenn Du einen Traum
    verwirklichen willst!"
    Weiter schlichen sich Zitate aus den vielen, alten Büchern der Halle in diesen Traum und die Wächterin hörte sich sagen: "Eines Tages fange ich
    Träume ein wie Schmetterlinge."
    "Und dann?" fragte eine Stimme und es klang, als ob diese Stimme aus den unendlichen Weiten des Weltraumes selbst kam.
    "Und dann lege ich sie zwischen die Seiten dicker Bücher und presse sie zu Worten!" antwortete die Wächterin mit einem Blick zu den Sternen.
    "Was wenn jemand immer nur von Dir träumt?" erwiderte die Stimme.
    "Dann sind wir beide vielleicht schon Worte in einem Buch. Zwei Namen zwischen all den anderen......"



    Die Wächterin schreckte aus diesem Traum hoch.
    Hatte es etwa gerade an der großen Pforte geklopft?

  • von zardozz



    .


    Der wanderer lauschte den türschlägen hinterher, die langsam leiser wurden und sich in der halle jenseits der pforte verstreuten wie die samen des
    löwenzahns im wind – doch es blieb still hinter der großen pforte - keine schritte waren zu vernehmen.


    er verharrte unentschlossen vor der pforte. in die stadt konnte er nun nicht mehr zurückkehren, da die stadtwache die tore um diese zeit
    längst geschlossen hatte und diese erst im morgengrauen wieder für besucher öffnete, ebenso waren die herbergen und schänken in der grossen
    stadt schon lange ohne licht. allerdings wollte er nicht die nacht vor der pforte des gemäuers zubringen, im julmond waren die nächte oft
    bitter kalt und es ging hart auf mitternacht. schliesslich entschloss er sich nach langem zögern doch noch, eine weile an der großen pforte zu
    verweilen..


    'wenn die wächterin bereits in ihren träumen weilt, wird sie die schläge nicht gehört haben' folgerte der wanderer in die stille hinein 'also
    werde ich mein tun wiederholen, diesmal lauter' – er griff wieder nach dem bronzenen ring und schlug ihn mit ganzer kraft an die
    schmiedeeiserne tür. wuchtig hallten erneut drei schläge durch die nacht, die in der halle wie übermächtiger herzschlag nachklangen und
    sich im echo brachen – selbstvergessen hörte er den tönen nach..


    'wie sie wohl aussehen mag' blitzte ihm da ein kurzer gedanke durch den sinn, denn die alten schriften berichteten mit keiner zeile über ihr
    antlitz oder gar ihren namen. Lächelnd ertappte sich der wanderer dabei, wie er diesem gedanken nachhing. da wurde er durch ein geräusch in den
    bäumen hinter ihm abgelenkt – es war das erwachte käuzchen, das sich nun lauthals über den nächtlichen störenfried beklagte..


    Um sich zu vergewissern, ob überhaupt noch jemand in dem hohen gebäude weilte, trat der wanderer einige schritte zurück und schaute entlang der
    mauern empor zu dem fenster, hinter dem er die räume der wächterin vermutete und in denen sie sich bei ihrer anwesenheit aufhalten würde –
    da erblickte er mit grosser freude einen lichtschein, der aus einem der fenster, gleich einer goldenen lanze in die dunkle nacht hinausstach!
    'dort also hat sie ihr refugium' murmelte er wie sich bestätigend vor sich hin - 'so ist sie zugegen und hat mein klopfen vernommen'.


    ein schatten huschte durch den lichtschein am fenster und der wanderer nahm an, daß sich die wächterin, nun unsanft aus den träumen gerissen,
    schlaftrunken auf den weg zur pforte begeben werde. Angestrengt lauschte
    er an der grossen pforte..


    ~


    .

  • von Underworld78



    "Wie spät konnte es sein?" war Ihr erster Gedanke.
    Schnell ertastete sie in der Schublade des Eichentisches eine neue Kerze und entzündete sie.


    Ein hastiger Blick aus dem Turmfenster bestätigte die Wächterin, denn im fahlen Licht des Mondes stand eine groß gewachsene Gestalt vor der schweren Pforte.
    "Wie lange mochte er nun schon gewartet haben?" dachte sie und dann besorgt: "Würde er gleich noch da oder wieder im dunklen Wald verschwunden sein?"


    Die Wächterin sah an sich herab.
    Die blonden, langen Haare mit den leichten Wellen waren offen und sie trug das einfache Gewand für die schweren Arbeiten in der Halle. Nun strafte sie sich gedanklich selbst ein wenig, wollte sie doch zu allen Zeiten da sein. Zwar nur ein Schatten, zwischen all den guten Schreiberlingen in den Zimmern, aber immer präsent. Hatte sie selbst doch nur eine bescheidene Erfahrung durch eigene RPG Schriften in der Schublade, die aber noch nie jemand gelesen hatte.


    Nun eilte sie die Treppen hinab. Im Kamin war noch Glut.
    "Gut!" dachte sie. "Der Besucher würde sich alsbald wieder am Feuer wärmen können."
    Die Winter hier oben waren oft streng und sie wusste nicht wie weit er schon gereist war.
    Eine gefühlte Ewigkeit später stand die Wächterin vor der großen Pforte, sie atmete tief ein und spürte nun die Aufregung in Ihrem Körper aufsteigen.
    Sie schob den Riegel beiseite und zog an dem schweren Seitenteil der Pforte und die alten Türscharniere quietschen laut in der stillen Nacht und das Holz ächzte.


    Und da stand er noch, schien angestrengt zu sein, voller Erwartung und dann lächelte er und der Wächterin stockte der Atem........

  • von zardozz



    .


    Als der wanderer angespannt vor der pforte wartete, vernahm er nach kurzer zeit eilige schritte, die lauter wurden und rasch näher kamen. jemand
    eilte auf der anderen seite der pforte stufen herab und auf diese zu - kurz darauf verstummten die schritte, es trat stille ein. dann wurde ein
    riegel beiseite geschoben, die grosse pforte öffnete sich knarrend einen spalt und eine hand, die eine laterne trug, in der eine kerze
    brannte, schob sich aus dem dunkel. hinter dem laternenschein erschien das gesicht der wächterin, welche ihn verwundert ansah. Zwei dunkle
    augen blickten ihn ohne groll neugierig an, als wollten sie fragen 'wer bist du, der zu so später stunde noch den torring schlägt'..



    sobald sich die augen des wanderers an die helligkeit der laterne gewöhnt hatten, sah er, dass langes helles haar das gesicht der
    wächterin umgab, das gewellt bis über ihre schultern herabfiel. im lichtspiel der kerze, die in der laterne durch den nachtwind flackerte,
    blitzte eine vorwitzige strähne golden auf und mit einer kurzen kopfbewegung warf sie diese aus ihrem gesicht. Sie hatte einen breiten
    umhang um ihre schultern geworfen, den sie nun mit der anderen hand, deren schmale finger wie feinstes marzipan schimmerten, unter ihrem kinn
    zusammenraffte. Die übrige gestalt der wächterin konnte der wanderer nur schemenhaft wahrnehmen, da sie sich ausserhalb des laternenscheins
    verbarg.


    'verzeiht, wenn ich um diese späte stunde eure träume störe' ergriff der wanderer beteuernd das wort 'ich vergass die zeit, als ich aus der
    stadt aufbrach, um dem hektischen treiben des jul-festes zu entgehen und der nacht zu lauschen' fuhr er fort 'ich ging ohne ziel und so achtete
    ich nicht des weges, der mich nun vor eure tür geführt hat. da die tore der grossen stadt bestimmt schon geschlossen sind, stehe ich nun vor
    euch und erbitte einlass und ein lager für die nacht. Die alten schriften müssen auf den neuen morgen warten, denn ich bin müde und hungrig von meiner wanderung ohne ziel' endete er und lächelte..


    während die wächterin dem wanderer aufmerksam zuhörte, musterte sie ihn erneut. Als er verstummte, neigte sie schliesslich den kopf zur
    seite und auf ihrem gesicht zeigte sich ein freundliches lächeln. 'ein schreiber, der die alten schriften kennt und die feder wohl zu führen
    weiss, ist auch zu später stunde stets willkommen' erwiderte sie mit wohlklingender stimme und schob die pforte weiter auf 'so tretet ein und
    wärmt euch am feuer, es ist auch noch etwas vom abendmahl übrig. lasst mich denn vorangehen, um euch den weg zu zeigen – und schliesst das
    tor'..


    die anspannung wich aus der brust des wanderers und mit einem dankbaren nicken trat er über die schwelle der pforte. Er schloss das tor, legte
    den riegel vor und folgte stumm der wächterin durch die langen gänge zur feuerstelle im grossen saal..




    ~


    .

  • von Underworld78



    Das Feuer im Kamin war mit einigen Holzscheiten schnell wieder entfacht und ein spätes Mahl für den Wanderer stand nun auf dem kleinen Tisch vor
    dem Kamin, der zwischen den alten, schwarzen Ledersesseln stand. Die Wächterin sah dem Wandersmann dabei zu, wie er hungrig das Essen zu
    sich nahm und dabei fragte sie sich, ob die Erbauer der Hallen, die sogenannten MODS, es nicht vielleicht lieber sahen, wenn nicht mehr nur
    das Arbeitszimmer von Ihnen Beiden genutzt wurde, sondern etwas Neues erschaffen werden sollte.


    "Sollten wir hier nun noch verbleiben, lieber Wandersmann? Oder lieber unsere Geschichte andernorts fortführen? Die Halle hat viele Zimmer,
    einige davon habe noch nicht mal ich jemals geöffnet." Der Wanderer war immer noch damit beschäftigt seinen Hunger zu stillen
    und daher folgerte sie weiter: "Deine Wanderungen haben Dich bestimmt an die verschiedensten Orte geführt und Du wirst sicherlich vieles zu
    erzählen haben".


    Er nickte mit vollem Mund und das zauberte ein Lächeln auf Ihre Lippen.


    Fast unbemerkt hatte das neue Jahr nun begonnen, nur einige Lichter hatten sie aus der Stadt am Himmel gesehen und der Wind trug nur
    vereinzelt ein Donnern zu Ihnen herüber. Sollte die Wächterin etwa wieder selbst zur Feder und dem Papyrus greifen oder lieber den Geschichten des Wandermannes lauschen?


    Die Zeiten waren andere geworden, die Menschen in der Stadt waren viel zu sehr mit Ihrer Arbeit beschäftigt und keiner verirrte sich mehr
    hierhin um seinen Träumen nachzuhängen. Auch die Wächterin musste zugeben, das sie von der Arbeit in der Halle und den Zimmern oft abgelenkt war und würde sie überhaupt die Zeit und die Fantasie haben wie einst?


    Vor dem warmen, flackerndem Feuer, das nun langsam herunterbrannte, versuchte sie sich zu erinnern, wann sie das letzte Mal selbst zur Feder
    gegriffen hatte? War es wirklich schon so lange her? Die Wächterin zählte in Gedanken das es mindestens 10 Winter-Monde zurück liegen musste, denn das Leben selbst hatte sie auf Wege geführt, jenseits von Schriften, Büchern, Tinte und Papier.



    Ihre Wangen waren gerötet und in Ihren blauen Augen konnte man ein Strahlen erahnen, das lange Zeit verborgen war. Im Feuerschein sitzend, gegenüber von Ihr der müde Wandersmann, sah sie ihn nun fragend aber mit einem Lächeln auf den Lippen an.

  • von zardozz



    .
    Derwanderer machte sich hungrig über das späte essen und betrachtete zwischen den bissen die wächterin. Den umhang hatte sie beiseite gelegt und darunter trug sie ein schlichtes graues kleid, das ihre gestalt vorteilhaft zur geltung brachte. erst jetzt, im schein des hellen feuers, sah er, dass ihre augen von einem dunklen blau waren, wie die seen der garan-berge. ihr blick war offen und zugleich fragend auf den wanderer gerichtet, der nun den becher mit dem schweren roten wein ergriff, der vor ihm stand und daraus trank.


    er dachte über ihre worte nach und antwortete: 'gewiss habt ihr gut daran getan, in der zeit des lebens zu wandern, auch wenn sie euch auf andere und entfernte wege geführt hat. denn die pfade der träume sind nicht, um auf ihnen dauerhaft zu verweilen. man kann nur kurzen weges auf ihnen wandeln, da der rückweg oft zu lange dauert - und die zeit wartet nicht. auch ich geniesse den saft des lebens, auch wenn er bisweilen bitter wie die galle des ebers schmeckt und dann wieder wie honigsüsser nektar. jedoch zieht es mich hin und wieder in das land, in dem die träume sind. ich bin ein wanderer in der zeit.


    er nahm noch einen schluck aus dem becher und fuhr fort - 'einst schrieb ein weiser seher ins buch der bücher: 'es gibt eine zeit des kampfes und eine zeit des friedens, eine zeit der trauer und eine zeit der freude' – ich sage, es gibt eine zeit des lebens und es gibt eine zeit des traumes. Ich möchte euch dazu einige zeilen vortragen -

    vollmond – so weit und bleich
    und eine goldne lanze, dem lichte gleich,
    zwischen den bäumen ~
    flucht aus der fussangel des heute -
    zu den silbernen träumen ~


    sie kommen ganz leise, eigentlich sind sie immer da
    nur auf seltsame weise, nimmt man sie nur manchmal wahr
    oft fehlt nur eine sekunde auf das abendrot
    oder ein stück wolke, die das herz umhüllt -
    vielleicht war chiron nicht im lot,
    niemand weiss, wo er seine bahnen zieht ~


    Auf dem grossen tisch liegen noch einige gedanken,
    wenig gebraucht, höchstens einmal -
    zwei sind vom letzten sonnenstrahl und einer
    ist schon verraucht ~
    flucht aus der fussangel des heute -
    zu den silbernen träumen ~


    als er geendet hatte, wandte er sich an die wächterin mit den worten: 'der schwarzvogel beginnt bald sein lied und die nacht verblasst bereits, auch schliesst mir der schwere wein die augen. zeigt mir nun das lager, wo ich mich zur ruhe legen kann. Lasst uns morgen aufbrechen und einen anderen ort für traumgedanken suchen..


    .

  • von Underworld78


    "Gerne zeige ich Euch Euer Lager für die Nacht. Folgt mir!" sagte die Wächterin und erhob sich aus dem großen Sessel.
    Schnellen Schrittes geleitete sie ihn durch die steinerne Halle zum langen Flur mit den vielen Zimmern für die Schreiberlinge.
    Aber nur eine Tür stand leicht offen und war stets hergerichtet für Reisende wie Ihn.


    Die Wächterin bat ihn mit einer kurzen Geste das Zimmer zu betreten und senkte Ihren Kopf zugleich.
    "Entschuldigt mich nun bitte, es ist schon spät und wir wollen dann
    morgen alles weitere besprechen! Sie werden alles was sie benötigen im
    großen Schrank vorfinden.
    Gute Nacht!"
    Sie wartete nicht das er die Tür schloß oder Ihr auch selbiges wünschte,
    sondern drehte sich eilig um, lief zur Treppe und ging wieder hinauf
    ins Turmzimmer.


    Dort angekommen war trotz der fortgeschrittenen Stunde nicht an Schlaf zu denken.
    Nicht nur die vorgetragenen Zeilen gingen Ihr nicht mehr aus dem Kopf, sondern sie fragte sich auch wer er eigentlich war.
    Er war ein gut gekleideter Mann mit schweren, edlen Stoffen und hatte
    eine große und kräftige Statur. Die dunkelbraunen, kurzen Haare waren
    gepflegt unter der Kapuze vom Umhang zum Vorschein gekommen.


    Aber am meisten fasziniert war die Wächterin von den Augen des Mannes, seit dem Augenblick seit sie die Pforte geöffnet hatte.
    Noch jetzt stockte Ihr der Atem, wenn sie an diesen Moment zurückdachte.
    Nicht etwa weil sie sich vor Ihm fürchtete, sondern seine Augen hatten sie so plötzlich fasziniert, das sie erschrocken war.
    Diese waren von so intensiver dunkelbrauner Farbe, das sie fast schon
    schwarz anmuteten und schienen in einer ruhigen Art etwas Übermächtiges
    auszustrahlen.
    Gleichzeitig hatte sie auch etwas Melancholisches in seinem Blick vernommen das sie noch jetzt fesselte.
    Als schien er schon eine lange Zeit auf der Suche nach etwas zu sein oder es war ein unerfüllter Wunsch den seine Seele quälte.


    Einen anderen Ort suchen?
    Wie schön das in den Ohren der Wächterin geklungen hatte, auch wenn ein
    wenig Bedenken sich mit diesem neuen Ziel mischten, war sie doch noch
    nie weit weg gereist.
    Sie war in der Stadt geboren, eine Kaufmannstochter und die Halle war schon in jungen Jahren Ihr Refugium gewesen.
    Einzig zur Ausbildung hatte Ihr Vater sie an einen anderen Ort geschickt
    und nun wartete sie darauf, das Ihr Vater das Geschäft irgendwann an
    sie übergeben würde, aber noch war sie zu jung und zudem noch
    unverheiratet.


    Warum nicht die gewohnten Pfade verlassen? Das war der letzte Gedanke bevor der Schlaf sie übermannte.

  • Ein großer Dunkler Fleck verfinsterte den Achso blauen Himmel.. bei genaueren hinsehen war es möglich eine Silhouette eines großen schwarzen Vogels zu erkennen.. was tut dieser nur hier.. was sucht er.. was will er..
    Was keiner weiß, er suchte das Licht.. das Leben.. andere die wie er sind..
    Er traf auf seinen unendlich langen Flügen auf den Wanderer der ihm von Heiligen Hallen erzählte, in denen die Geschichten der Vorfahren aufgehoben würden..
    Es sei still geworden in diesen Hallen.. leider zu still.. insgesamt ist das leben aus vielen bereichen gewichen..
    Der Adler landete im Park, welcher ihm dank der weitläufigen Wiesen genug platz bot..
    Da er ein Formwandler war, veränderte er sofort seine Gestalt und schritt mit großen schritten auf die Heiligen Hallen zu..
    Als er die Flügeltüren der Halle öffnete und diese betrat, spürte er sofort diese große leere die diese halle überfüllte, ja gerade zu ersticken drohte..
    Was war passiert? Wo ist all das leben hin? Wo sind die Autoren, die Schreiber, die Leser?
    Wie durch eine Eingebung folgend, betrat er die Bibliothek..
    Große Regale mit noch größeren Büchern.. doch als man versuchte eines dieser Bücher aus seinen angestammten platz zu nehmen verschwand es, als wäre es nie da gewesen..
    Welche macht spiegelt sich hier wider?
    Der Formwandler verstand nicht was ihm hier wiederfuhr.. er setzte seinen weg durch die unheimlichen Gänge fort immer in der Hoffnung irgend ein leben zu finden.. still war es um ihm herum.. zu still..
    Er stand plötzlich vor einen schwarzen Brett.. einige zettel hingen daran befestigt.. ein aus mit Blut beschriebener zettel.. wer tut denn sowas?
    RPG.. Angriffe, Ehrenkodex..
    hier muss einiges schief gelaufen sein, dachte sich der Formwandler..
    was sagte der Wanderer zu ihm als er ihn traf.. "geh zu den heiligen hallen, dort wirst du antworten auf all deine fragen bekommen"..
    Fragen.. er hatte genug fragen.. doch war keiner hier um diese zu beantworten..
    oder war das die antwort? das was man hier sieht und nicht sieht?
    er fasste für sich einen entschluss später noch einmal nach zu sehen, denn er war auf der suche nach dem licht und leben..
    als er die Hallen verließ, drehte er sich noch einmal um.. flüsternd, kaum hörbar rann es aus seinen mund.. "wir werden uns wieder sehen"..
    Er breitete die Arme aus, die sich sogleich in riesige flügel verwandelten und starte seinen Flug ins ungewisse..
    weiter auf der suche nach dem licht.. und dem leben..

    Vor Inbetriebnahme des Mundwerks, Gehirn einschalten !
    Hat so manchen schon vor dummen Antworten bewart !



    Sirius: HuiBuh, UserID: 61